von Wolfgang Hübner
Das Römische Reich wurde nicht zuletzt durch Pandemien und Klimaveränderungen geschwächt und auch mitzerstört. Doch auch die klügsten Köpfe in diesem gewaltigen Reich konnten damals nicht die geringste Ahnung haben, warum ihnen so geschah. Weder gab es Klimatologie noch gab es Wissen über Infektionskrankheiten und ihre mikroskopischen Verursacher. Deshalb rief auch kein Kaiser in Rom einen antiken „Lockout“ aus. Trotz der fürchterlichen Opferzahlen musste das Leben der Menschen, das ohnehin von vielen heute leicht heilbaren Krankheiten stets bedroht war, weiter gehen. Das wäre aus guten Gründen in unserer Gegenwart weder vertretbar noch möglich. Das ist auch gut so.
Aber ist es wirklich gut, wenn eine vergleichsweise sehr viel weniger schwere Pandemie, gegen die ein hochentwickeltes Medizin- und Gesundheitswesen im Einsatz ist, die existenziellen und ökonomischen Grundlagen von modernen, hochkomplexen Gesellschaft so gefährdet, dass deren Kollaps möglich wird? Können politische Maßnahmen, die diesen Kollaps befördern, wirklich legitimiert werden als notwendiges Übel im Kampf gegen den identifizierten Virus? Was ist, wenn dieser Kampf irgendwann gewonnen wird, aber der Preis dafür die Zerstörung von Lebensweisen, Lebenszusammenhängen und Lebensqualität ist?
Das sind Fragen, die im Frühjahr 2020, also zu Beginn der Viruskrise zu Recht als Überdramatisierung einer schwierigen Situation gegolten hätten. Doch nicht nur die Situation hat sich geändert, sondern auch der Blick auf die Folgen und Konsequenzen dieser Krise. Kein verantwortlicher Politiker oder auch Wissenschaftler kann noch mit ehrlicher Überzeugung und gutem Gewissen sagen, dass zum Beispiel die wahnwitzige Überschuldung des sogenannten „Westens“, also auch Deutschlands, nicht mit der immer akuter werdenden Gefahr eines ökonomischen Kollapses verbunden ist. Keiner kann ausschließen, dass die Folgen für das menschliche Zusammenleben nicht zutiefst verstörend, ja zerstörerisch sein werden.
Die Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus müssen mehr denn je und endlich sogar vorrangig unter dem Gesichtspunkt der künftigen Konsequenzen getroffen und verantwortet werden. Und bei allem Respekt vor der Gefährlichkeit der Gesundheitsgefahr: Dieser Virus kann auch tödlich sein, ein Massenkiller wie es seine Vorgänger im Römischen Reich waren, ist er Gott sei Dank nicht.
Deshalb dürfen spätestens nach den von den Regierenden getroffenen neuen Maßnahmen, die vor Widersprüchen und Willkür nur so strotzen, die unabsehbaren Virusfolgen kein Lieblingsthema der sogenannten „Querdenker“ und Corona-Skeptiker mehr sein, sondern das Hauptthema der gesamten Gesellschaft in all ihrer Vielfalt. Denn es geht inzwischen um nicht weniger als um deren Fortexistenz in einer Weise, die von vielen Millionen Menschen als lebenswert und lebenssichernd betrachtet wird, die aber nun gefährdet wie noch nie zuvor ist.